Testimonial Lab: Zeugenschaft als Modus der Kommunikation in gesellschaftlichen Konflikten
Ergebnisse eines Experiments im Rheinischen Braunkohlerevier
DOI:
https://doi.org/10.82255/htwp.2025.1.148Schlagworte:
Deliberation, Konflikt, Polarisierung, Politische Partizipation, Reallabore, Testimony, Theater, Transdisziplinäre Forschung, ZeugenschaftAbstract
Tiefgreifende Konflikte und polarisierte Kontroversen durchziehen nahezu alle demokratischen Gesellschaften. In Deutschland wurde das Rheinische Braunkohlerevier zwischen Köln und Aachen durch die Auseinandersetzungen rund um den Hambacher Forst und den Weiler Lützerath zum wichtigsten Kristallisationspunkt der Anti-Kohle-Proteste. Auf der einen Seite standen unter anderem Arbeitnehmer*innen, die hier über Generationen hinweg gute Arbeitsplätze gefunden hatten. Auf der anderen Seite agierten Umweltschützer*innen und Klimaaktivist*innen, die diese Form der Energiegewinnung mit Verweis auf die schädlichen Klimafolgen in Frage stellen. Unter dem Titel Testimonial Lab haben wir zusammen mit Partnern aus der Zivilgesellschaft und dem Theater ein experimentelles Beteiligungsformat durchgeführt, das versucht, solche tiefgehenden Konflikte auf neuartige Weise kommunikativ bearbeitbar zu machen. Die Grundlage dafür ist das politische, ethische und epistemische Konzept der Zeugenschaft. Von Januar bis Mai 2025 haben wir dazu mit zwei Gruppen von Klimaaktivist*innen einerseits und Beschäftigten aus der Braunkohle andererseits ein neues Format indirekter „Zeugenschafts-Dialoge“ getestet. Diese sind explizit als Alternative zu bestehenden Partizipations- und Deliberationsformaten konzipiert, die infolge unrealistischer Voraussetzungen oft zum Scheitern verurteilt sind. In diesem Paper skizzieren wir Grundannahmen, Design, Verlauf und Ergebnisse unseres Experiments, diskutieren mögliche Schwierigkeiten und präsentieren erste Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung des Formats. Zukünftig könnte dieses auch in anderen Kontexten als Hebel zur Anbahnung neuer Kommunikationsdynamiken zwischen einander sprachlos gegenüberstehenden Gruppen genutzt werden.
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